Unsere Vorfahren – sesshaft und zugewandert, auch aus „aller Herren Länder“ !

 

von Horst Breitbart, März 2009

 

Am Beispiel der Vorfahren von Christiane Breitbart im Zeitraum von 1270 bis 1950

 

Ein paar Vorbemerkungen  will ich machen.

Sesshaftigkeit der Vorfahren hat viele und jedermann einsichtige Gründe  Heimattreue, heimische Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten, geerbtes Hab und Gut und anderes mehr. Zuwanderung war u.a. Folge von Kriegen, Vertreibungen, Arbeitssuche der 2. oder 3.Handwerkersöhnen ( „auf der Walz“), sowie auch die Arbeitssuche der 2., 3.usw. Bauernsöhne. Im Zusammenhang mit der Zuwanderung  sind auch allgemein Einheiratungen durch Heiratsvermittler oder durch Informationen von durchreisenden Kaufleuten zu sehen Andere Gründe für Zuwanderungen will ich hier nicht nennen.

 

In jedem Fall waren Zuwanderungenst gezielt aufgrund von Hinweisen anderer Aber es lassen sich auch zufällige Zuwanderungsorte denken.

 

Grundsätzlich ist auch festzustellen, dass unsere Vorfahren nicht nur ein „Ahnengemisch“ aus deutschen Ländern.darstellen und damit eine sehr vielschichtige Merkmale im Wesen haben. Allerdings können wir diese „Ahnengemisch“ nur entdecken, wenn wir weit genug zurück nach unseren Vorfahren suchen. Das habe ich getan und bin auch fündig geworden

 

Zum anderen will ich darauf hinweisen, dass unsere Vorfahren, - auch dazu muss man oft weit zurück in die Vergangenheit gehen, - auch aus anderen europäischen Ländern, also wirklich aus  „aller Herren Länder“ kamen. In diesem Zusammenhang wird mancher Ausländerfeind mindestens zum Nachdenken kommen, wenn er erfährt , dass er selbst Ausländer unter seinen Vorfahren hat.

 

Dieses Grundsätzliche will ich nun darstellen und konkretisieren mit den Vorfahren von Christiane Breitbart, denn bei Christianes Vorfahren ist es aufgrund jahrelanger Forschungen und auch durch Forscherglück gelungen, Zeiten, Herkunftsorte, Sesshaftigkeit und Zuwanderung vieler ihrer Vorfahren zu ermitteln.

 

Dabei will ich nicht alle 10 Vorfahrenfamilien aufführen, wie lange sie da oder dort sesshaft waren und welche zugewandert sind aus deutschen und europäischen Ländern. Nur einige sollen genannt sein, die bemerkenswert sind und beispielhaft sind.

 

1. Zunächst will ich ausführen, dass sich die Sesshaftigkeit von Christianes Vorfahren nach den zeitlichen Umständen wie Krieg oder Vertreibung, Hunger- und Notzeiten , aber auch nach der Berufstätigkeit entschieden hat. Erstaunlicherweise auch bei Kriegen und Naturkatastrophen blieben z.B. Christianes Bauern Vorfahren und auch bestimmte Handwerker oft über Jahrhunderte sesshaft.

 

Christianes Mohr Vorfahren aus Hönebach  bzw. Obersuhl , für 1485 nachweisbar , waren Bauern und blieben ab mindestens seit 1485  so gut wie sesshaft.

 

Für die Breitbarts , die bereits lange vor 1480 in Oberdorla als Bauern lebten und auch jahrhundertelang sesshaft blieben und von deren Nachkommen sich erst im 19. Jahrhundert Breitbarts gezielt in die unmittelbare Umgebung bis nach Obersuhl aussiedelten, gilt dasselbe wie auch für die Mohrs..

 

2. Zuwanderungen.

Von Christianes Heiderich Vorfahren, die fast alle Bauern aus Ausbach waren und die sich für 1580  nachweisen lassen, muss das Gleiche gesagt werden, sie blieben über Jahrhunderte in Ausbach sesshaft  Deren  Nachfahren und Christianes Vorfahren im engeren Sinn heirateten gezielt,  - wie vielerorts manche Bauern als Zweit- bzw.Drittsöhne in Bauernhöfe der nahen der auch ferneren Umgebung einheirateten -,  in Gethsemane und später in Herfa.ein . So ist eine Urgroßmutter von Christiane, die  Elisabeth Heiderich aus Herfa., eine Nachfahrin der Ausbacher Heiderichs .

 

Dass Handwerkerfamilien oft an einem Ort lange ansässig waren und blieben, sich also das erlernte Handwerk gleichsam vom Vater auf den Sohn vererbte und auch trotz landesweiter Armut und Missernten, trotz Kriegen doch am selben Ort wie den der Vorfahren blieben , lässt sich allgemein und besonders für Christianes Vorfahren leicht erklären. Diese Handwerkerfamilien und ihre männlichen Nachkommen waren im Dorf  konkurrenzfähig und leisteten gute Arbeit  Das gilt bei Christianes Vorfahren z.B. von den Pfeffers . Sie kamen vor 1567 als spezialisierte Leineweber (Zeug- und Rachmacher) aus dem Thüringer Raum nicht zufällig nach Themar in Thüringen und waren dort lange sesshaft. Etliche dieser Pfeffer behielten, auch als sie von  Themar gezielt über Berka/Werra nach Obersuhl kamen,  ihr altes, überkommenes und sehr spezielles Handwerk bei , weil sie auch in der neuen Umgebung mit ihrer Arbeit gefragt waren und also ihr gutes Auskommen fanden.

 

Die Webers, die vor dem 30-jährigen Krieg im Obersuhler Raum als Leineweber lebten, kamen gezielt um 1640 nach Obersuhl, brachten ihr Handwerk, das während des 30-jährigen Krieges in Obersuhl nicht mehr ausgeübt wurde,  mit nach Obersuhl und blieben dort sesshaft bis heute, auch meistens als Leineweber . So waren die Weber Vorfahren von Christiane fast alle Leineweber.

 

Christianes Vorfahren Reuter waren vor 1570 Bandweber in der Hildburghausener Gegend (Thüringen)  und blieben dort mit  ihrer speziellen Arbeit und dadurch mit gutem Auskommen jahrhundertelang  auch während und nach dem 30-jährigen Krieg. Nachkommen dieser Reuters, nämlich  ein dritter Sohn, heiratete gezielt im 18.Jahrhundert in einen Färbermeisterbetrieb in Gersfeld ein. Generationen später finden wir ab 1750 die Reuters in Obersuhl über zig Generationen bis zum Urgroßvater von Christiane-   nicht mehr als Bandweber bzw.als Färber aber doch als Handwerker, nämlich als Maurer .

 

Für Christianes Vorfahren Keilmann, die für Iba bei Bebra  im 16.Jahrhundert  genannt sind und in der dortigen Gegend  viele Jahrzehnte Köhler waren gilt das auch, was für die Handwerkervorfahren von Christiane gesagt worden ist:  Sie  hatten dort als spezialierte Handwerker, als Köhler nämlich, über lange Zeit Arbeits- und somit Erwerbsmöglichkeit für sich und ihre Familien.

 

 

Eine Urgroßmutter von Christiane Breitbart ist die Walburga Wolters. Ihre Vorfahren werden 1270 (!)  in Tilburg in Holland  zum ersten Mal genannt. Sie lebten dort fast 300 Jahre. Deren Tilburger Nachkommen kamen auch gezielt 1570 ins holländische Gelderland ,  erst nach Westervoort , dann nach Duiven , dann nach Zevenaar.  Dort waren die Wolters Vorfahren der Walburga Wolters sesshaft bis 1810. Seit diesem Jahr finden wir sie in Deutschland, am Niederrhein in Emmerich , wohin sie nicht zufällig kamen. Nicht einmal 20 km ist Emmerich von Zevenaar, der vorherigen Heimat der Wolters, entfernt.

 

Von den seit 1270 in der Stadt Tilburg wohnenden Wolters kennen wir deren Berufe nicht Wer so lange in einer Stadt wie Tilburg lebte (heute über 200 Tausend Einwohner) , könnte wohl zu einer Wirtsfamilie gehört haben.  Als die Nachkommen dieser Tilburger Wolters  ins holländische  Gelderland umsiedelten,  finden wir sie bis 1810 fast dort durchweg als Gastwirte Und siehe da! Auch als sie nach  Emmerich zugewandert waren, waren sie dort auch bis ins 20.Jahrhundert als Gastwirte tätig!!

 

Warum diese Vorfahren jeweils nach Jahrhunderten ihren Wohnort verließen und  gezielt nach Westervoort und dann nach Emmerich zuwanderten, lässt sich nur vermuten. Vielleicht  - ich male mir das einmal so aus  -  hat ein weit herumkommenden Kaufmann in der Gastwirtschaft der Wolters erzählt   „…. Ich komme von Westervoort   … ich komme von Emmerich …. Dort gbit es eine florierende Gastwirtschaft ohne männlichen Erben , also mach dich auf nach dort, denn hier hast du als nicht erbberechtigter Gastwirtssohn keine Zukunft.  Und dort , von wo ich komme,  wartet auch eine hübsche Gastwirtstochter auf dich !!“   So oder so ähnlich könnte es gewesen sein , dass die Wolters von Holland bis ins Niederrheinische kamen.

 

Christiane hat niederländische Vorfahren ! Und  diese  mit dem über Jahrhunderte ausgeübten Gastwirtsberuf.

 

 Aber nicht nur niederländische Vorfahren hat Christiane.!

 

Eine andere Urgroßmutter von Christiane Breitbart war die Martha Rosenstock.Sie ist die Nachfahrin von Züricher (Schweiz) Rosenstocks, die für das 14. Jahrhundert dort nachweisbar sind und den Ueli Rosenstock, der um 1500 in Zürich geboren ist, zum direkten Vorfahren hat. Um 1642 ist der Nachkomme des Ueli, der Caspar Rosenstock, nach Langenhain bei Eschwege in Nordhessen zugewandert. Einer der Nachkommen des Caspars kam nicht zufällig um 1820 nach Obersuhl , der wiederum der Vorfahre von Martha Rosenstock ist, der Urgroßmutter von Christiane.  Die Berufe und Tätigkeiten der Rosenstocks sind sehr mannigfaltig, meist waren sie Handwerker . Wichtig ist zu wissen, dass Christiane auch Schweizer  Vorfahren hat.

 

Genauso wichtig ist mir die Frage: warum und wie kommt der 1.deutsche Rosenstock von Zurich gezielt oder zufällig nach Langenhain.bei Eschwege ?  Ich versuche , eine Antwort zu geben.

Diese  Zuwanderung kann m.E. nur in Verbindung mit dem 30-jährigen Krieg stehen. Überhaupt sind viele Zuwanderungen von Christianes Vorfahren auch in späterer Zeit in Verbindung mit Kriegs-und Notzeiten zu sehen Das ist für Christianes Familie belegbar, hier aber nicht weiter zu behandeln.Der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648 war nicht nur die Zeit großer Verwüstungen und brachte nicht nur unzähligen Menschen den Tod sondern auch , wenn sie überlebten, oftmals die Zerstörung von Haus und Hof , ja ihrer Existenz.  So machten sich viele Überlebenden nicht ziellos auf den Weg, eine neue Existenz zu suchen sondern gezielt dorthin.,wohin sie Kriegsflüchtlinge, Soldaten, Kaufleute und beauftragte Reisende oder auch Verwandte verwiesen. Etwa nach dem Motto „ …. Ich weiß, wohin du dich aufmachen kannst und wo du mit deinem Beruf arbeiten und dir eine neue Existenz schaffen kannst.“

 

Zum anderen brachten die Schäden des Krieges es mit sich, dass während dieses unsäglichen Krieges und danach  ein großer Bedarf vor allem an Bauhandwerkern bestand, vornehmlich für die Gebäude der Herren und Besitzer (Grafen, Fürsten, Barone , Geistliche Herren usw.) von Burgen , Schlössern und Schutzmauern. Oft genug konnten diese Herren und Besitzer keine Handwerker im Umland finden. So besannen sie sich auf ihre familiären, geschäftlichen und politischen Verbindungen hin zum Ausland und fragten dort im nicht zerstörten  Ausland nach Handwerkern an und ließen sie bei gelungener Suche  auch holen. So haben z.B.die von Baumbachs mit ihrem Kirchheimer Schloss, das während des 30-jährigen Krieges z.T. zerstört worden war, aus Tirol Bauhandwerker kommen lassen, um durch sie ihr Schloss, ihre Gebäude und die alte Wehrmauer wieder herzurichten.  Etliche dieser Tiroler Bauhandwerker haben in Kirchheim Wurzeln geschlagen und vermutlich noch Nachkommen bis in unsere Zeit. („Tiroler Dokumente“ finden sich  z.B. auch im Kirchheimer Pfarrarchiv)

 

Nach diesen Ausführungen halte ich es für denkbar, dass auch die Herren und Besitzer im Langenhainer bzw. im Eschweger Raum bei ihrer Suche nach Bauhandwerkern für ihre neu zu errichtenden Besitztümer nicht zufällig auf Zürich kamen sondern nach dort irgendwelche Verbindungen hatten und dort Bauhandwerker suchten und sie auch fanden

 

Aber der erste Langenhainer Rosenstock war kein Bauhandwerker, wenn auch als Gerichtsschöffe ein angesehener Mann, aber eben doch „nur“ ein Schuster, ein Schuhmacher!

 

Wie kommt ein Züricher Schuster nach Langenhain?  Dazu ein fiktives, ausgedachtes Gespräch um 1642 in einer Züricher Gastwirtschaft:  „Du kommst von Eschwege und suchst für deinen Herrn und Gebieter Bauhandwerker. Wie sieht es dort und in der unmittelbaren Umgebung von Eschwege aus mit den gewiss nach den Kriegsereignissen nur wenigen Überlebenden ? Schuster werden in jedem Dorf gebraucht, auch wenn es dort nur wenige Menschen gibt. Ist vielleicht ein Schuster dort nötig  ? Wenn ja, dann ziehe ich, der ich hier in Zürich , jung an Jahren, frei, ledig und nicht unvermögend bin, aber als Schuster hier nur mit ganz geringen  Hoffnungen bin, mir mit meinemBeruf eine eigene Existenz aufzubauen und eine Familie zu ernähren, -  zumal es hier in Zürich mehr als genug Schuster gibt – also, wenn Schuster dort in der Eschweger Gegend gebraucht werden würden, ziehe ich sofort mit euch und den Bauleuten“ .  Antwort. „Das kannst du gern machen, denn du hast nicht nur mit Langenhain Glück , in unserer ganzen Gegend gibt es keine Schuster mehr, ja, der böse Krieg“    Und Caspar Rosenstock zog mit und fand in Langenhain Arbeit und Brot und vielleicht auch die schöne Tochter des letzten Langenhainer Schusters   So mag es gewesen sein !

So kam Christianes Vorfahre Rosenstock von Zurich nach Langenhain und gab mit seinen Nachkommen Rosenstock Christiane überhaupt das Leben. Ohne den Züricher Vorfahren gäbe es Christiane und ihre Breitbart  Familie nicht.

 

 

Vielleicht war es aber auch ganz anders. Für Vermutungen ist noch weiterer, großer Raum.

 

Zum Schluss will ich noch auf die dritten „Ausländer“ unter den Vorfahren von Christiane hinweisen. Auf die aus Glaubensgründen in Frankreich verfolgten französischen Hugenotten, die sogenannten Refugies, die um 1700 nach Gethsemane durch fürstliche Anweisungen des hessischen Kurfürsten Karl kamen und deren Nachkommen Heiderichs Männer geheiratet haben, also Vorfahren der Elisabeth Heiderich, eine andere Urgroßmutter von Christiane.  Die ersten französischen Vorfahren sind für 1540 mit den Ancelins, für 1610 mit den  Ronets, für 1615 mit den Sartets und für 1635 mit den Bourillons  nachweisbar.

 

Welches Erbe trägt Christiane in ihren Genen! Welches Erbe tragen wir alle durch unsere Vorfahren, die ganz gewiss auch aus dem „Ausland“ kamen, in unserem Wesen.!. In jedem Fall gäbe es uns nicht, wenn nicht der eine oder andere „Ausländer“ in unser Land gekommen wäre und nicht eine eheliche Verbindung  mit einem Zweig unserer deutschen Ahnenreihe eingegangen wäre.